Es gibt ja Menschen, bei denen ist jeden Tag Ostern. Mein Chef zum Beispiel, der sucht jeden Tag etwas. Und immer bin ich zuerst die Schuldige. Zuerst lässt er mich jeden Schrank und Schreibtisch nach einer bestimmten Akte durchsuchen. Ich bin mir immer sicher, dass ich die Papiere nicht habe – leider ist er anderer Meinung. Da ich ja ein friedfertiger Mensch bin, tue ich ihm den Gefallen. Fast immer mit dem Ergebnis, dass ich bedauernd die Schultern zucke: „Tut mir leid, ich habe den Vorgang XY leider nicht gefunden." Das wiederum hat ein missbilligendes Augenbrauenheben seinerseits zur Folge und damit ruht die Angelegenheit. Meist taucht dann wie von Zauberhand ein paar Tage später das Schriftstück wieder auf und niemand (schon gar nicht mein Chef) kann sich das erklären.
Letztes Jahr waren wir bei ihm zum Osterbrunch eingeladen. Eine festlich gedeckte Tafel erwartete uns. Hier gab es alles, was das Herz begehrte und schon beim Anblick der Köstlichkeiten lief uns das Wasser im Mund zusammen.
Doch mein Brötchengeber hatte den Schalk im Nacken:
„Vor den Preis hat der liebe Gott den Fleiß gestellt! Für jeden von Euch, meine Lieben, ist im Garten ein Körbchen versteckt. Für jeden, der mir ein Körbchen bringt, was der Osterhase versteckt hat, ist das Büfett eröffnet."
Nun denn, was blieb uns anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen? Natürlich waren alle Angestellten entsprechend dem Anlass und der Einladung zum Ostersonntag aufgebrezelt und schwärmten jetzt mit knurrendem Magen im guten Anzug oder Kostüm im Garten aus.
Es vergingen zehn Minuten, eine Viertelstunde und noch immer waren Lachs, Schinken, Rührei, Kuchen und Torten unangetastet. Mein Chef wachte mit Argusaugen über das Essen und verstand die Welt nicht. Waren seine Mitarbeiter allesamt unfähig? Oder hatte seine Frau die Osterpräsente so gründlich versteckt, dass keiner sie finden konnte? Nach weiteren zehn Minuten, die erfolglos verstrichen, rief er nach seiner Angetrauten, die in der Küche herum: „Elisabeth, wo um Gottes Willen hast du denn die Körbchen versteckt?
Bis jetzt wurde noch nicht eines gefunden und so langsam habe ich Hunger!" Seine Frau sah ihn sehr verständnislos und schon fast mitleidig an: „Aber Herbert, wir hatten doch ausgemacht, dass du das machst!!!!"
Da blieb meinem Chef nichts anderes übrig, als uns zusammen zu rufen und sein „Missgeschick" zu gestehen. Ihr könnt euch sicher denken, dass seitdem Ostern einen besonderen Stellenwert bei uns hat 😆
Eure Sylvia