Unser guter Bekannter Oskar hatte es ja schon angedroht, jetzt hat er es wahr gemacht: Er hat sich einen Computer gekauft!
Als er diese Anschaffung ankündigte, bot ich ihm meine Hilfe an. Als gestandenes Mannsbild lehnte er diese natürlich ab, vielleicht auch weil diese von weiblicher Seite kam….
Also darf ich ihn jetzt besuchen, um seinen Familienzuwachs zu begutachten. Stolz zeigt er mir seinen neuen Arbeitsplatz, den er extra im Flur eingerichtet hat. Als erstes fällt mir ein kleiner Flachbildschirm ins Auge. Stolz erzählt Oskar: „Der Computer ist mit allem ausgestattet: Drucker, Rechner, Monitor, Tastatur, Maus und alle Kabel sind dabei!“ Ich schaue mich weiter um. Der Rechner ist ein schon fast antiquarisches Modell, das auf dem Schreibtisch steht und keine USB-Anschlüsse hat, dafür aber ein Diskettenlaufwerk. Das Druckermodell habe ich vor etlichen Jahren bei mir aussortiert. Oskar erklärt mir, dass der Drucker aber leider nicht funktioniert. Schüchtern frage ich: „Darf ich mal schauen?“ Natürlich darf ich nicht, weil ja schon ein Freund von ihm die Sache überprüft hat.
„Der Drucker geht nicht!“ verkündet Oskar. Obwohl er es nicht wissen will, treffe ich Mutmaßungen. „Das kann alles Mögliche sein, angefangen von den Patronen, über den Druckkopf bis hin zu einem elektrischen Defekt.“ Aber…Oskar weiß Bescheid! Er öffnet die Klappe, zeigt mir den Schlitten mit den Patronen. „Ich habe schon die Patrone ausgetauscht, schau mal!“ Schon greift er ins Gerät, zieht den Schlitten mit brachialer Gewalt in die Mitte und verursacht damit ein Geräusch, das den Defekt des Druckers erklärt!
„Schade, dass der Rechner keinen USB-Anschluss hat“ meine ich, „sonst hätte ich einen Drucker für Dich:“ Daraufhin Oskar: „Da muss ich erst mal meinen Kumpel fragen, der Computer hat bestimmt USB!“
Kurzes Nachdenken von ihm: „Was ist das eigentlich?“
Leichte Verzweifelung überkommt mich. „Was hast du denn für die Geräte bezahlt?“ Oskar wird einen halben Meter größer und wirft sich in die Brust: „Das war ein richtiges Schnäppchen. Nur 100,– Euro mit allem Drum und Dran.“ Zaghaft wage ich zu sagen: „Das finde ich zu teuer, weil die Geräte bis auf den Bildschirm uralt sind.“
Oskar verteidigt seine Beute wie eine Wolfsmutter ihr Junges: „Aber schnell ist er, das hat mein Kumpel auch gesagt.“ Jetzt will ich der Sache auf den Grund gehen. „Was machst du denn alles mit dem PC?“ Hatte ich doch gesehen, dass alles Mögliche installiert war, angefangen vom Bildbearbeitungsprogramm, über den Messenger bis hin zu diversen Spielen.
„Wenn ich etwas suche, wie zum Beispiel eine bestimmte CD, gebe ich das ein und dann bekomme ich ganz viele Ergebnisse:“ Okay, Oskar kennt also Google, das ist ja schon etwas.
„Und, was machst Du noch so damit?“ Oskar ist empört: „Da hatte ich überhaupt noch keine Zeit, mich damit zu beschäftigen. Ich mache aber demnächst einen Kurs an der Volkshochschule!“ Ich gebe auf, kenne ich doch das Problem, dass Rentner nie Zeit haben.
Zur Krönung des Tages bittet mich Oskar dann für ihn einen Brief zu schreiben. Ich tue es – mit der Hand und Kohlepapier – Auge in Auge mit dem PC.
Eure Sylvia