Gar nicht so einfach

Eigentlich wollte meine Tochter nur ein Armband. Ein Armband aus rosa Perlen mit einem kleinen, silbernen Kreuz daran. Die ältere Dame in dem Laden nahe einer Kirche schüchterte sie gleich ein, als sie hörte, wie die Freundin meiner Tochter die Bedeutung eines Rosenkranzes erklärte. Sie musterte sie von oben bis unten und stufte sie sogleich als "Ungläubige" ein, was mein Kind zur Flucht bewegte.

Manch Einer hätte jetzt klaglos das Feld geräumt, aber in mir erwachte die Löwenmutter und ich stürzte mich mutig in das Geschäft, um Beute für mein Kind zu schlagen. Eben erwähnte Dame begrüßte mich wie einen lang ersehnten Besuch und erkannte sofort meinen Wunsch, ein Armband zu erwerben. Vertrauensvoll drückte sie es mir in die Hand und wies mich an, zur Kasse zu gehen, wo ein Mann mit Argusaugen alles überwachte.

Jetzt hätte er einfach das Armband einpacken und den Preis kassieren können. Aber nein, so leicht wollte er es mir doch nicht machen. Als erstes bekam ich einen Schnellkurs in Politik. Er – der er selbst mal Politker gewesen war – würde alles anders und besser machen. Um die Sache abzukürzen gab ich ihm in allem Recht und wedelte verheißungsvoll mit einem Geldschein herum. Weil ich so einen Wind damit machte, beflügelte ihn das zu einem neuen Vortrag über die Natur. Während er die Ladentür verkeilte, erklärte er, dass die Menschen nicht mehr auf die Zeichen der Natur achten würden. Seine Vision dazu war folgende: Erst würde alles ganz stille werden und dann, dann käme das Unwetter, das man dann am sichersten im Keller verbringen sollte.

Immerhin hatte ich inzwischen bezahlen können und wollte mir das Armband schnappen, aber der Verkäufer umklammerte es, als ob sein Leben davon abhinge. Ich fing an, von einem Bein auf das andere zu treten, egal welche Rückschlüsse das wohl bei anderen hinterlassen mochte.

Mittlerweile waren wir bei der Familiengeschichte des Verkäufers angekommen. Ich wußte nun, wo er geboren war und wo sein Sohn lebte und das Armband befand sich in einer kleinen Tüte in meiner Handtasche. Meine Gedanken rasten: Sollte ich flüchten und alles gute Benehmen, das ich jemals erlernt hatte, vergessen? Oder sollte ich meine Familie und Freunde noch länger draußen warten lassen und das Gegacker der dezu gehörigen Teenies ignorieren?

Schrittweise näherte ich mich dem Ausgang, während das Mitteilungsbedürfnis meines Gegenübers unerschöpflich schien. Aus den Augenwinkeln erkannte ich, dass mich nur noch wenige Schritte von der Tür, sprich der Freiheit trennten. Es war nun Grundsätzliches an der Reihe: Dass die Kinder heute dächten, die Kartoffeln stammen aus dem Supermarkt, Spaghetti wachsen auch Bäumen und Kühe können fliegen.
"Noch 5 Minuten" dachte ich "und wir sind bei Adam und Eva!" Noch zwei Schritte. Er wollte wissen, wo ich denn wohne und fatalerweise gab ich Auskunft. Schon hagelte ein neuer Vortrag auf mich herab. Noch ein Schritt. Die Stadt, in der ich lebte, war das neuzeitliche Sodom und Gomorrha. Nur nicht widersprechen und den geordneten Rückzug antreten:

In dem Moment betrat ein neuer Kunde den Laden. Sofort erlosch das Interesse an mir, ich war Luft und verabschiedete mich artig. Nicht einmal das wurde noch zur Kenntnis genommen. Draußen bedankte ich mich dann bei meinen Lieben, dass sie alles getan hatten, um mich zu retten!!!!

Eure Sylvia

1 thought on “Gar nicht so einfach”

  1. Da hast du recht Kleinigkeiten ist schwerer wie was großes denn das Zeug kostet alles auch richtig viel Geld.

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